19
Nov
2007

Spätherbst, fast Winter

KKM - Katharina Käthe Meta. Oma. Letztes Jahr zog mich ihre Todesangst 20 Stunden mit. Ihren 84. Geburtstag verbrachte sie im Krankenhaus, wie auch die folgenden drei Monate. Der in der ersten Operation nur genagelte Beckenknochen wurde durch ein künstliches Hüftgelenk ersetzt, das in einem dritten Eingriff dann noch einmal einzementiert wurde. Zwischendurch wurde sie immer wieder als geheilt entlassen und in die Reha geschickt, wo sie nach drei Tagen wieder retour ins Krankenhaus ging. Zuerst lief sie noch unter "rüstige Rentnerin", zuletzt kam sie dann doch in die Reha für Pflegefälle. Sie kann nicht mehr Auto fahren, kurze Strecken nur noch an Krücken laufen und für lange braucht sie dieses kleine Wägelchen. Sie ist inkontinent und ihr Arzt verschreibt ihr teure Pakete mit Nahrungsergänzungmitteln gegen Krebs, denn Krebs zu bekommen ist ihre größte Angst.
Heute wurde sie 85. Aus der stolzen, bestimmten, pragmatischen Matrone ist eine Greisin geworden. Ihr Zeitgefühl versagt ebenso wie ihr Gedächtnis. Die Angaben darüber, wann sie denn aus dem Krankenhaus zurück kam, schwanken zwischen zwei Monaten und zwei Jahren. Ereignisse, die zwei, drei Stunden zurückliegen, plaziert sie auf Gestern. Sie verwechselt den Freund vom Kind mit HeMan, obwohl zwischen beiden 30 Jahre liegen. Was eigentlich nicht unlogisch ist. Das Kind hat sich jemanden gesucht, der ihrem (sozialen) Vater sehr ähnlich ist. Und Oma sieht ihn ihm meinen langjährigen Lebensgefährten. Meinen Bruder, der nicht oft kommt, sieht sie an wie einen Fremden.
Genau wie ich mich selbst 15 Jahre jünger abgespeichert habe, ist auch meine Großmutter in meinem Innern noch die laute, korpulente Frau, die ihr Leben meistert und alle Angelegenheiten - auch die der anderen -im Griff hat. Doch nun sitzt ein altes, eingefallenes Frauchen vor mir. Sie hat Flecken vom Essen auf den Kleidern, Krümel und Kaffeespuren am Mund. Wenn nichts passiert oder sie nicht mehr folgen kann, dann nickt sie ein.
Sie versucht immer noch, alles und jeden zu organisieren, doch je mehr ihr die Realität entgeleitet oder aus der Hand genommen wird, um so mehr Chaos erzeugt sie.
Entgegen der langjährigen Tradition fand ihre Geburtstagsfeier schon am Sonntag statt. Ihre Söhne hatten ein kleines Café gemietet. Niemand sollte in das etwas vernachlässigte Haus kommen. Auch die Freunde, die sonst immer am Vormittag oder Nachmittag ihres Geburttages hereinschneiten und sich Kaffee und Kuchen und einen kleinen Sektrausch genehmigten, sollten ins Lokal kommen. Sie wollte die Einladungen selbst telefonisch aussprechen. Und lud alle drei-oder viermal ein, zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedliche Orte.
Zwei Tage vorher bekommt sie Panik und ruft mich an. Ich hatte versprochen, an ihrem Geburtstag im Haus zu sein, sie zu betreuen und ein paar Kleinigkeiten zu reichen, wenn doch jemand unangemeldet hereinschneit. "Kind!", sagte sie mit Panik in der Stimme, "Ich hab noch nichts eingekauft. Und ich habe vergessen, das kalte Buffet zu bestellen!" Ich beruhige sie, verweise auf den Sonntag und die Reservierung im Café Schulz. Sie sagt ein, zweimal "Ach ja!" - mit Zweifel in der Stimme. Ich kann die Zweifel nicht ausräumen. Sie bleibt fest dabei, daß an ihrem Geburtstag mindestens 20 Leute vor der Tür stehen werden.
Und tatsächlich. Wir sind am Sonntag in der Familienrunde weitgehend allein. Die Freunde kamen heute. Brachten Sträuße mit roten Nelken, garniert mit dem Spruch: "Bei der Farbe sind wir geblieben." und reichten die linke Hand: "Die Linke ist nämlich wichtig." Sie sprachen von diamentener Hochzeit und davon, wer von den "Genossn" alles gestorben ist. Bewerteten ihre Krankheiten, die Höhe ihrer Rente und beneideten die mit dem VdN-Zuschlag und den Zuwendungen aus Honeckers schwarzer Kasse. Lobten meinen Käsekuchen und die Brötchenschmierkünste meiner Mutter. Und kippten ein Sektchen nach dem anderen. Rotkäppchen halbtrocken natürlich.
Und KKM lebte auf, redete wie früher, lachte und bekam glänzende Augen.

16
Nov
2007

To much information

Ich frage mich, wer es eigentlich noch schafft, die ZEIT komplett von hinten bis vorn (ha, ich oute meine präferierte Leserichtung) zu lesen.
Nach spätestens 20 Minuten fühle ich mich wie überfressen.

14
Nov
2007

Kitty unter Druck

Es gab in meinem Leben ja schon den einen oder anderen Mann. In Sachen Klamotten waren sie sich alle relativ ähnlich: ich mußte meistens aufpassen, daß ich nicht overdressed neben ihnen hergestiefelt bin.
Der eine trug die abgelegten Sachen seines Vaters, der aus der Textilbranche kam, bis sie endgültig auseinanderfielen und so war er immer in 15 Jahre alten Schick gekleidet. Der andere hatte vor allem einen guten Geschmack wenn ich es bezahlte. Einer liebte Uraltlederjacken und-pullover und Sandalen selbst im Winter.
Neben HeMan stehe ich manchmal und sage mir: Au weia, gib dir mal Mühe. Neben seinen erlesenen Farb- und Materialkombinationen sehen meine sporadischen D&G-Ausflüge aus wie die einer Finanzbeamtin, die sich auch mal was leistet.
Sich mit einem Typen zusammenzutun, der des öfteren zum bestgekleideten Mann in der Firma gewählt wurde (nein, es war kein Klempnerladen!), das ist ein bißchen so wie ein Playmate heiraten. Man kann trainieren wie man will, man steht immer ein bißchen teigig und häßlich daneben.

Das Kind schickt einen Brief

brief
Seit der Pubertät bin ich nicht mehr Mama oder Mami. Sondern Mutter!!!! mit nachdrücklich gerolltem R oder Muttertier.

12
Nov
2007

Herren-Keuschheits-Gürtel-Träger-Plausch

Ich habe es immer geahnt und damit habe ich die Bestätigung. Auch BDSM-Jünger sind voller deutscher Sekundärtugenden.

So,

alle Ecken beider Wohnungen wurden eingehend besichtigt.
Durch die Fotos sind wir aber immer noch nicht durch, selbst bei Speicherplatzdisziplin sind es 5.000 Stück geworden. Berge, Berge, Berge und Preziosen wie drei Kinder, die Kinder über Kinder anzogen, bis der Unterricht unterbrochen wurde, damit HeMan die gesamte Dorfschule klassenweise fotografieren konnte. Und dann noch ein mit Mama im Wasser spielendes Elefantenbaby.
Mein Favorit ist derzeit ein ganz schlichtes Bild: Auf 3.500 Meter Höhe, umgeben von Bergriesen, hängt ein zerschlissenes nur noch blaß rosafarbenes Prinzessin-Lilifee-Kleid auf der Leine. Ich habs scheinbar mit Sachen auf der Leine. Denn dieses Bild ist eines meiner Lieblingsfotos. Überhaupt, die Fotografin. Da lohnt es sich, öfter reinzusehen.

Da meine Arbeitsaison für dieses Jahr nun auch ihrem Ende zugeht, fange ich (wie immer zu spät) ebenfalls an, meinen Urlaub zu planen. Erst einmal Fuerteventura, wie letztes Jahr. Aber an anderem Ort, wenn der noch verfürgbar ist. Noch einsamer. Und dann mal schauen. Entweder Marokko oder ganz banal Mallorca.

9
Nov
2007

Der Heimkehrer

ist noch zu den sonderbarsten Zeiten müde oder wach. Und so richtig ist er in dieser Welt noch nicht angekommen. Ich finde das gut. Er wird früh genug am Steuer seines Autos sitzen und den vor ihm herumträumenden Fahrer anbrüllen: "Jetzt fahr endlich, du Affenarsch!"
Am ersten Tag erzählte er viel aus der fremden Welt und wollte gar nicht damit aufhören. Selbst als wir im Bett lagen und das Licht gelöscht hatten erzählte er weiter. Irgendwann wechselte sein Tonfall, das Thema war nicht mehr Nepal, sondern Smalltalk eines professionellen Anzugträgers auf irgendeinem Meeting. Da wußte ich, er würde die ganze Nacht durchreden, wenn ich jetzt nicht mit einem Kuß den Schalter umlege. 48 Stunden ohne Schlaf eben.
Schmal ist er geworden. Wenn er in der gewohnten Größe vor einem steht, fällt das erst einmal nicht so auf. Aber bei einer Umarmung sind überall Knochen und Kanten zu spüren. Und das schützende Gebirge, das sonst neben mir leise schniefend im Bett liegt, ist niedriger geworden, fragiler. Fünf Wochen Dal Bat, Tee, kein Alkohol, Kälte und Bewegung sind eine gute Diät.

6
Nov
2007

Jetzt ist aber bald Schluß!

Die Vorhänge sind gewaschen, das Bügelwäschegebirge eingeebnet, der Kühlschrank ist geputzt, die Bürorückstände aufgearbeitet, ich habe sogar Staub gewischt. - In meiner Wohnung natürlich.
Selbstredend habe auch alle interessanten Bücher mindestens zweimal gelesen.
Es wird Zeit, morgen kommt HeMan zurück.

+++hibbelhibbelhibbel+++

5
Nov
2007

Holzreich, der Tag

Noch 'n Stöckchen, diesmal zielgerichtet beworfen von der Nachtschwester.
Schlager, die untrennbar mit Situationen aus der Kindheit verbunden sind. Uff, das ist nicht so einfach. Da ich recht unmusikalisch und eher visuell programmiert bin, ist meine Kindheit ein einziger Klangbrei, aus dem hier und da was konkretes rausschwappt.
Küche bei Oma, das bedeutete jede Menge Big-Band-Sound und Opernarien. Das übliche, was das Ostradio eben gespielt hat. Big-Band-Arrangements von Schlagern (sehr schön auch noch zu hören am Skilift in der Tschechei, 70er-Hits auf Tschechisch). Manchmal auch Frank Sinatra, Louis Armstrong (Jazz war schließlich die Widerstandsmusik der unterdrückten Negersklaven) und - inflationierend - Herb Alpert & Tujuana Brass. Ach und Songs aus "My Fair Lady" fallen mir ein.
Weggehen mit Opa das hieß Militärmärsche, gespielt von uniformierten Kapellen, manchmal marschierten sie sogar mit Tambourmajor. Es gab Zeiten, da kannte ich sie alle, den Petersburger Marsch, den Radetzky-Marsch, den Parademarsch Nr.1... Dazu kamen russische Militär-Chorgesänge mit strahlenden Tenören. "Kalinka", "Warjag", "Katjuscha".
Der Morgen im Plattenbau bei meinen Eltern war dominiert von Marianne Rosenberg. Der Musikredakteur des Regionalsenders war Fan und deshalb wurde "Er gehört zu mir" dreimal stündlich gespielt. Diese Musik ist für mich assoziiert mit Muckefuck und übervoluminösem Ton aus riesigen Baßreflexboxen, der sich durch Müdigkeit, Muffligkeit und niedrigen Blutdruck sägt.
Dann Frank Schöbel und "Wie ein Stern in einer Sommernacht" und auch Tom Jones und "Delilah" und Les Humphries Singers.
Für mich sein hieß Barbra Streisand hören, vor allem "Funny Girl", Adamo (kennt den noch jemand?) und so endlos sentimentale Schinken wie Where I do Begin aus "Love Story", gesungen von Shirley Bassey. Das erste Lied des Erwachsenseins war "Wish You Where Here" von Pink Floyd. Danach war nichts mehr wie vorher.
Meine Mutter, das sind Mezzosopranarien (aus Hoffmanns Erzählungen zum Beispiel) und kirchliche Weihnachtslieder (auf Platte natürlich, wir gingen doch nicht in die Kirche), die sie phantastisch mitsang. Weihnachten, das sind die glasklaren Knabenstimmen vom Thomanerchor, in die die Platte leise hineinknackte.
Mein Bruder, Bill Tür, ist witzigerweise assoziiert mit Van Halen. Das war seine erste pubertäre Aktion. Aus der Schule kommen, die Boxen aufs Fensterbrett stellen und mit Van Halen die Straße beschallen.
Mein Vater, das ist Johnny Cash und vor allem Beethoven, was ich an dieser Stelle schon einmal schrieb.

Interessant ist, was geblieben ist. An "Where I do Begin" habe ich mich im Gesangsunterricht versucht und mußte feststellen, daß nach Frau Bassey dem stimmlichen Anspruch keiner mehr so richtig gewachsen war. Ich auch nicht. Das ist, wie "Feel" von Robby Williams singen, was für Leute mit Stimmumfang.
Nachdem ich mich lange vom Herb-Alpert-Overkill erholen mußte, finde ich die Musik mittlerweile (in kleinen Dosen) recht cool. Johnny Cash sowieso. Streisand sing ich immer noch im stillen Kämmerlein, fürs Karaoke find ich sie zu anspruchsvoll, da kann ich mich nur mit Tränen im Knopfloch blamieren.
Und als Pink Floyd noch mal bei Live 8 im Hyde Park spielten, hab ich heulend vorm Fernseher gesessen.

Ach so, weiterwerfen. An den s|ogmen, an Mr. Lucky, zwecks Launeverbesserung und an Herrn Glam, weil mich doch interessieren würde, was weiland im Harz so gehört wurde...

Stöckchen

Da kommt es her.
Und ich nehme das jetzt mal auf, um mich immer und ewig daran zu erinnern, wie peinlich angezogen ich manchmal vorm Laptop hocke.
Wenn jetzt das Haus explodiert und ich komme ins Krankenhaus, was sollen denn da die Leute sagen?
Also:
  • Birkenstock-Fake-Latschen, die seit einem Jahr weggeworfen gehören
  • dicke, weiße Kappa-Sportsocken
  • eine gemütliche Hilfiger-Jeans
  • weißes Esprit-Kurzarm-Shirt
  • ein leichter NorthFace Fleece-Pullover
  • und - aber das ist jetzt tatsächlich selten- kochfeste weiße Schlüpfer

4
Nov
2007

Bewerbungen

Als ich gestern mein Büroregal aufräumte, weil das Bewerbungsfach aus allen Nähten quoll, gärte schon ein Text in mir. Die heute erhaltene Mail lässt ihn ins Netz überschwappen.
Ein junges Mädchen bewarb sich. Sie konnte schon eine ganze Menge. Singen, tanzen, Klavier spielen. Auch wenn sie das auf Privatschulen gelernt hatte, was für eine künstlerische Ausbildung nicht gerade eine Empfehlung ist. Wer die brutale Auslese der staatlichen Schulen passiert hat, hat automatisch eine Empfehlung. Ich las den Text (keine Schreibfehler, gute Ausdrucksweise, das ist schon mal eine ganze Menge), dachte oho, die ist ehrgeizig und rührig. Allerdings nicht ganz mein Ressort, zu tanzfixiert, die Leute sind für Schauspielerei oft nicht locker genug. Versuchte, mir ein Gesicht vorzustellen und klickte eine Bilddatei an. Ein Schwarzweiß-Foto, ein großer, schlanker, altmodisch geschminkter Engel mit einem makellosen Körper, lange blonde Locken auf nackten Schultern. Sie trug einen Spitzenbody und saß mit gespreizten Beinen auf einem umgedrehten Stuhl. Das geht ja mal gar nicht, dachte ich. Über den nackten Bewerber mit der E-Gitarre vorm Gemächt hatten wir vor einigen Jahren tagelang gelacht. Mehr aber auch nicht.
Ich sah mir die anderen Fotos an. Gleicher Fotograf, gleicher Stil. Nur im Shirt, lange nackte Beine, makellos. In Jeans, das Hemdchen kokett gelüpft. Dazu der Kopf immer schräg gelegt, der Mund halb offen. Ein penetranter givemeafacefuckplease-Gesichtsausdruck, der so gar nicht mit dem Text zusammenging. War sie nur schlecht beraten? Das kann passieren, wenn man 20 ist. Oder reicht ihre mimische Ausdruckspalette nur bis zum dümmlichen Bunny?
Schauspielerei ist ein Lustberuf, auch wenn er hart ist und viel Mühe macht. Die Gesellschaft übernimmt für diesen wie auch für andere künstlerische Berufe keine Verpflichtung zur Ernährung. Wer das will, muß sich des Risikos und des Drucks der Konkurrenz bewusst sein. Über all dem steht ein Schild "Eltern haften für ihre Kinder".
Die Bewerbungen, die ich bekomme, sagen viel über die Träume und Wunschvorstellungen der Bewerber aus, weniger über ihr tatsächliches Potential. Das muß ich herausfinden. Anhand der Biografie - was hat wann stattgefunden oder auch nicht? Anhand minimaler Differenzen auf Fotos. Anhand der Präsentation.
Da ist der Stuntman, der eine laminierte Mappe abliefert: Er mit Knarre und Anzug, er mit Zigarre, er mit Weib im Arm, der meint, das was die können, die er doubelt, kann er auch. Der grauhaarige Dressman mit dem jugendlichen Gesicht, der endlich gern mehr als Versicherungswerbespots drehen will. Die sechzehnjährige, kacknaive Göre aus der sächsischen Provinz, schwarzgefärbtes Haar, zwei Zentimeter straßenköterblond nachgewachsen, ein
lustiges Pummelchengesicht mit smokey eyes, das versucht, wie ein Vamp zu kucken und eher wie die Schwester von Ronald McDonald aussieht. Der schwule Musicaltänzer mit dem existenzialistischen Gesichtsausdruck, dem auch der Vollbart, den er neuerdings trägt, nicht zu den harten Männerrollen verhelfen wird. Castingsshow-Nomaden, die sich nach dreimaligem Mitwirken in Reality-Formaten, die am Vorabend auf SAT1 laufen, Schauspieler nennen und nach Hollywood wollen, dabei sind und bleiben sie ewig die zu stark gebräunten Diskothekengänger aus Wanne-Eickel.
Dann das Heer der frustrierten Theaterangestellten. Vorzeitig gealterte Frauen, die mir in Briefen erklären, dass sie in Stendhal noch im Altersfach Pippi Langstrumpf spielen. Männer mit Trinkertränensäcken. Verfettete Synchronsprecher. Hässliche Synchronsprecherinnen. Es gibt aber auch sehr viele Leute, bei denen ich sage: ja, interessant, professionell, gut, ich wünsch euch viel Glück, denn von euch gibt es da draußen eine ganze Menge und bei mir ist im Jahr Platz für höchstens einen oder eine. Oder wir tun uns tatsächlich zusammen und gehen ein Stück des
Weges miteinander. Bei manchen sind viele Jahre daraus geworden. Die Chemie stimmt, man hat gute und schlechte Zeiten miteinander erlebt, aber meistens hat uns ein erträglicher Erfolg Recht gegeben. Manchmal tritt man sich auch gegenseitig in den Hintern, um nicht abzuschlaffen.
Und manchmal begegnet man ihnen. Den unentdeckten Schätzen, die nur vom Staub befreit und vorgezeigt werden müssen. Oder den kommenden Talenten, die sich oft überhaupt nicht ihre Potentials bewusst sind. Die das tun, was sie tun müssen und durch ihre Karriere gehen wie ein Messer durch Butter. Denen ich eigentlich nur dienen kann und bei denen ich darauf achte, dass sie nicht zu gestürzten Engeln werden. Das sind dann meine Sternstunden, die erlebe ich vielleicht einmal in drei oder vier Jahren.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob man für diesen Beruf tatsächlich eine schonungslose Selbsteinschätzung braucht. Sie erleichtert natürlich manches. Nichts ist grotesker als der nun in die Jahre gekommene Typ "pedantischer Buchhalter mit Sinn fürs Feingeistige", der sich ausgiebig bei mir ausbreitet, dass es langsam Zeit würde für die großen Liebhaberrollen und der damit natürlich auch ernst genommen werden möchte. Da möchte ich
manchmal gern Heinrich Böll zitieren, aus den "Ansichten eines Clowns": Sagen Sie nichts. Als Musicalclown in der Provinz bringe ich Sie vielleicht noch unter.
Mir scheint, Kunst braucht das Heer der Narzisten, Fehlgeleiteten, Besessenen, Minderbegabten, Gefälligen, Verkannten, Halbtalentierten. Warum, weiß ich nicht. Aber Hollywood wäre nicht Hollywood ohne die rasend attraktiven Bedienungen in den Schnellrestaurants, die allesamt Schauspieler sind, die auf ihre große Stunde warten.

Grrrr

Mir passiert es leider zu oft, daß ich beim Artikelschreiben oder Kommentieren mit dem Finger das Touchpad entlangschleife, was dazu führt, daß der Browser auf die vorhergehende Seite spingt. Der geschriebene Text ist natürlich weg. Zwischenspeichern ist auch umständlich. MoBlog hat mir so viel blödsinnige HTML-Codes eingebracht, daß ich es auch lasse.
Gibt es einen externen Editor für Blogs? Oder läßt sich diese Funktion auf dem Touchpad irgendwie ausschalten?

Touché

Paulo Coelho: Die Hexe von Portobello (Deutsch von Maralde Meyer-Minnemann, ...)
Eine rumänische Zigeunertochter, die von libanesischen Christen adoptiert wird, in Beirut eine idyllische Kindheit verbringt, dann vom Bürgerkrieg nach London vertrieben wird, wo sie mit 19 Jahren einen Sohn zur Welt bringt, ehe sie in Dubai als Immobilienmaklerin viel Geld verdient, was ihr ermöglicht, in Transsilvanien auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter zu gehen: Wie diese Geschichte beweist, ist esoterischer Stuß ein globales Phänomen. Paulo Coelho erzählt jede Menge Spökes über Mütter, Götter und Muttergöttinnen - zum Mitmenstruieren.
Denis Scheck im heutigen Tagesspiegel - man beachte übrigens auch den Namen der Übersetzerin. Ob das ein Pseudonym ist?

Coelho hat mich dazu gebracht, zum ersten und einzigen Mal vor einer guten Freudin die Contenance zu verlieren. Sie schenkte mit Elf Minuten zum vierzigsten Geburtstag und verband das mit dem Hinweis, das sei für Frauen ein "unheimlich wichtiges Buch". Was ich bald darauf, nach ein paar Gläsern Rotwein, um diesen Schwachsinn in zwei Buchdeckeln verdauen zu können, mit dem lautstarken Hinweis kontern mußte, sie solle sich dich bitte lieber endlich mal richtig f... lassen, statt über einem Buch über eine gef... Frau in Tränen auszubrechen.
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The Diary of Kitty Koma

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Deshalb. Letzter Abschnitt.
Deshalb. Letzter Abschnitt.
kittykoma - 7. Nov, 23:29
Warum?
cabman - 7. Nov, 21:33
Es ist vollbracht
Kitty und ihr Tagebuch sind wieder an die alte Adresse...
Kitty (importiert durch kittykoma) - 18. Okt, 16:03
wieder einmal bestätigt...
wieder einmal bestätigt sich, dass sport eben doch...
Huehnerschreck - 6. Apr, 10:21
Einmal im Jahr
muß sein. 2007: angebrochene Rippe im Wanderurlaub. 2008:...
kittykoma - 4. Apr, 20:44
Ich will auch einen Staubsauger...
Ich will auch einen Staubsauger mit dem die Hausarbeit...
Steffi (Gast) - 8. Mai, 06:45
Saure Eier
Bei uns gehen Saure Eier etwas anders. Mit Butter in...
Schwaka (Gast) - 17. Feb, 14:20
another feuchtgebiet...
spätpubertäre literaturwunderkinder - siehe...
kittykoma - 6. Feb, 13:43

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