7
Apr
2008

Junge Mädchen

Grade packe ich eine Bewerbung aus. Ein blondes Mädchen, vom Styling und Gesichtsausdruck gefühlte 16. Sie ist aber schon Mitte 20. Ganz oben in den persönlichen Angaben stehen neben der Größe auch das Körpergewicht, das ist selbst für meine Branche ungewöhnlich, da sprechen vorteilhafte Fotos in der Regel für sich.
Ich rechne im Kopf und komme zu keinem Ergebnis, dann googele ich nach einem BMI-Rechner und gebe die Werte ein. Sofort ploppt ein Fenster auf "Sie haben Untergewicht. (BMI unter 18,0) Bitte sprechen Sie mit einem Arzt, es könnte Magersucht vorliegen."
Ich sehe noch mal auf die Fotos. Der Kopf schiefgelegt, die Hände immer am Körper, sich selbst haltend und streichelnd, in Decken und Pullover gewickelt und sich doch entblößend: Knochige Knie, fettfreie Hüften, sichtbare Beckenknochen. Große Augen mit dunklen Ringen. Kaum Muskeln. Die DVD verrät noch mehr. Dünne, kranke Haare, schlechte Haut, kraftloser Gang. Auf eine modelhafte Art ist sie gut zu fotografieren, sie ist auch nicht ganz talentfrei, aber sie scheint ihre mentale Unreife, die immer wieder in der Mimik durchbricht, mit diesem Körper ("Bin ich nicht schön? Und wenn ich die Zigarette so halte, bin ich ganz cool.") zu kompensieren.
Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Eine Absage wird das in jedem Fall. Sollte ich sie begründen? Und sollte ich sie mit den Tatsachen begründen? Daß ich den Eindruck habe, sie ist magersüchtig und mental nicht stabil und ich finde nicht, daß sie in diesem hammerharten Beruf richtig ist.
Schwierig.

6
Apr
2008

Alte Männer

Wir sind gestern bei einem Spazierganz zufällig an einem Harley-Davidson-Laden vorbei gekommen. Faszinierend.
Die Mitglieder der Motorradclubs stehen in Rudeln auf dem Pflaster, alle tragen die selben Jacken und hofieren den in der Mitte des Rudels stehenden Typen, der sich meist dadurch auszeichnet, noch die vollste silberne Matte auf dem Kopf und den eindrucksvollsten Schnauzbart zu haben. Leider hat er auch meistens die größte Plautze.
Auch jenseits der Rudel gilt: je schöner und glänzender die am Staßenrand aufgebockte Maschine, desto häßlicher und ungepflegter ihr Fahrer. Wampen, Warzen, Tränensäcke und schüttere Frisuren, die immer noch mindestens mit einigen Haaren über die Ohren und den Hemdkragen gehen müssen.
Mitunter aucht die eine oder andere Frau auf. Meist blond. Meist langhaarig oder - mangels Masse - auftoupiert und im Gesicht schwer vom Rauchen gezeichnet.
Man trägt Leder und da die taillierten Rennfahrerjacken und die engen Stiefelhosen den Herren schon seit Jahren nicht mehr passen, wickeln sie sich nun ganze Rinderhäute. Ganz beliebt, weil praktisch, ist die Lederweste. Sie geht bis bis über den Hintern und ist am Bund in Falten gelegt, so daß der Bauch warm eingepackt ist, die Arme bleiben frei zur Demonstration des immer noch beachtlichen Bizeps. Ihre vielen Taschen verhüten, ihr Träger womöglich ein lächerliches Herrenhandtäschchen benutzen müßte. Da paßt alles rein, Sonnenbrille, Geldbörse, Papiere, Zigaretten, Zippo, Schlüssel, Leatherman. Unter die Lederweste kommt das unvermeidliche karierte Hemd.
Im übrigens sammeln sich auch viele Lederwestenträger bei Dixielandkonzerten. Dort tauchen sie ihre grauen Schnauzbärte ins Bier, quatschen mit Kumpels über Krankheiten, rauchen Roth-Händle und schauen der in die Jahre gekommenen Bedienung mit der kecken, kurzen Lederschürze auf den nicht mehr ganz taufrischen Hintern, dem enge Röhrenjeans Form geben.

2
Apr
2008

So schnell

via

Ich immer nur zufällig auf ihrer Seite, Reisebeschreibungen, später Krankheit, eine Frau aus der Provinz. Nix für mich Großstadtpflanze.
Gestern und heute habe ich mich von vorn bis hinten durchgearbeitet. Eine klare, kluge Frau, unprätentiös, keine verschnippte Selbstinszeniererin. Es sagt viel über meine Eitelkeit, daß ich immer wieder nur vorbei gegangen bin.
Es wird nicht nur geliebt gezeugt und geboren in Kleinbloggersdorf, es wird auch gestorben.
Knapp drei Jahre von der ersten Diagnose bis zum letzten Tag im Hospiz, vom "ich habe keine Angst" bis zum "ich muß mich damit abfinden". Davon zwei Jahre Hoffnung, daß der Krebs abdreht und immer wieder schwere Quälerei.
Ich habe mich gefragt, wie ich handeln würde, wenn ich heute oder morgen vor diesem Problem stünde. Würde ich die Ochsentour der Chemotherapien, Bestrahlungen und Operationen gehen? Würde es sich lohnen, die letzte, zerdehnte Lebenszeit kriechend und kotzend in Krankenhäusern zu verbringen? Ist der schnelle Untergang mit Würde und Trara besser? Oder sollte man doch lieber bei der Lebenslotterie mitspielen?
Das Blog von mariont, ihr virtueller Nachlaß, wird hoffentlich noch lange im Netz stehen.

1
Apr
2008

Mist!

Grade eine lange Kritik zur gestrigen Premiere geschrieben.
Im letzten Satz auf die falsche Taste gekommen, gelöscht.
Also. Ansehen. Gut gemachtes deutsches Kino.

31
Mrz
2008

Maulfaul

Momentan wird das nix mit Bloggen. Ich habe zwar ein paar Artikel begonnen, aber wegen moralinsauren Grundgeschmacks verworfen.
Ansonsten hat sich meine Grippe prima aufgeteilt. Vor vier Wochen nur das k.o.-Syndrom, jetzt Husten, Rotz und Halsschmerzen, verbunden mit der Produktion grünlichen Schleims. Ich könnte mich für Geld als Alien sehen lassen.
Es wird Frühling und dazu habe ich eine Woche voll Premieren. Nett mit dem Sektgläschen in der Hand rumstehen, statt mit rudirentierroter Nase im Bett zu verschwinden, ist nicht witzig.
Menno!

Außerdem hab ich nichts anzuziehn.

28
Mrz
2008

Der Preis der Freiheit

Bei den ganzen Eva-H.-Diskussionen habe ich immer mal eingeworfen, daß mir zwar die Haltung der Frau piefig und vorvorgestrig erscheint, das Thema aber heiß ist.
Ich stolpere in der letzten Zeit immer wieder über Fakten, nach deren Begutachtung ich das Gefühl habe, eine soziale Veränderung tut not. Sicher wird es sich um nichts so Revolutionäres wie sozialen Konsequenzen von 68 handeln, die momentan in jeder Zeitschrift auf die Person des barbrüstigen Fräulein Obermeier oder des spiddeligen, nur kopfbehaarten Langhans-Bürschchens und die Legenden von "Jeder mit Jeder" reduziert werden.
Ich habe das Gefühl, unsere sozialen Verhältnisse und ihre Konsequenzen müssen in unseren moralischen Vorstellungen und dem daraus folgenden Handeln ankommen.
Die einzige soziale Moral ist derzeit, daß es keine Moral gibt. Es gibt zwar eine kritische Bewegung, die sich mit unserem Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen auseinandersetzt, zum Teil werden moralische Fragen zu Managermoral gestellt (das scheint jetzt sogar in den Chefetagen anzukommen).

27
Mrz
2008

Wußt ichs doch

Ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich es lesen soll.
Aber die Verfasserin war mir einfach zu pseudohip. Pseudo, weil ich es doch etwas schwach fand, daß Karriere der Dame so recht in Gang kam, als sie mit ihrem Chef liiert war und auch später der Ehemann als ihr Produzent in Erscheinung trat.*
Dann war da noch was anderes: ich hatte eine Schulfreundin, die so ähnlich aussah und die roch nasenbetäubend, nach Katze, Achselschweiß, Mumudunst und drübergepantschtem Deo aus dem Intershop, Impuls oder so, später trug sie weißen Reif von ökoligisch korrektem Deostein unter den Achseln. Nachdem ich das las, wußte ich, das Buch kann ich mir sparen. Das habe ich damals schon alles an dieser Freundin gerochen, die ebenfalls eine Berufsprovokantin war und unbedingt berühmt werden wollte. Sie hat es nur leider nicht geschafft.

*Was ich auch der Schauspielerin P. übelnahm, die so ziemlich alles an Regisseuren mitnahm, was karrieretauglich erschien und letztlich in Hollywood sogar mit Frodo anbändelte...

Ich möchte bitte

20 Grad, Sonnenschein, Knospenknall und Vogelsang!
ZACKZACK, lieber Gott!

25
Mrz
2008

Irgendeine Idee?

So gegen Mitte April muß ich mal raus aus meiner Halle. Ein teurer Urlaub ist leider derzeit nicht drin, ich habe meine Saure-Gurken-Zeit. Und All Inclusive im Sonderangebot mit diversen Rednecks muß nicht sein.
Es darf sein:
-einsam und abgelegen, ich möchte mir niemandem reden müssen
-primitiv, aber zumindest Stromanschluß und mit Kanonenofen heizbar
-wenn Schlechtwettergebiet, dann räumlich mehr als Stuhl und Bett
-wenn Ausland, dann in Internetreichweite, für Deutschland habe ich eine UMTS-Flat
-kein Funkloch
-preiswert
Und wenn es gehobeneres Niveau hat, könnte ich im Gegenzug ein Berliner Loft anbieten...

PS. Es ist Rügen geworden, ein kuschelkleines Zimmer im Wald. Ibiza wäre schön gewesen, nur da hätte ich bei meinen derzeitigen Finanzverhältnissen selber fliegen müssen

Kalte Eier

Nee, mir war nicht nach Ostern zumute. Eigentlich hätten wir die Tage in ein spätes Weihnachten umwidmen können, das hätte vom Wetter her eher gepaßt.
HeMan hatte Besuch, sein Patenkind kam mit ihrem Mann. Beide jung, schön, erfolgreich, aber sehr geerdet und zur Generation "bekennende Spießer" gehörig. Was heißt: Familie und Karriere, Wertebewußtsein und soziales Engagement sind wieder modern. Ich habe mich mitunter komisch gefühlt, wenn ich als alte Gegenstromschwimmerin neben diesen Menschen saß. Ein bißchen Neid war dabei, weil man sich das Leben auch leichter machen kann und damit Energie in produktive Dinge steckt. Und ein bißchen Befremden über den Welpencharme der beiden kam dazu, weil sie selbst mit 30 noch völlig unverletzt wirkten, wie grade bei Mami aus dem Bauch gepurzelt. Da gab es noch keine Enttäuschungen, keine Mauern, gegen die vergebens angerannt wurde, kein Liebesverlust, keine Resignation, keine Trauer.
Mein Kind ist mir lieber, kritisch und kindlich und kratzbürstig. "Möchte ja auch sein!" wird sie wahrscheinlich an dieser Stelle sagen.
Ich habe "Rent a Ossi" gespielt und den beiden die Mauer erklärt und den Prenzlauer Berg von früher und so. Selbst meine Wohnungsbesetzerstories habe ich rausgekramt: "Juten Tach! Ick bin die neue Mieterin, wir tauschen hier gleich ma dit Schloß aus, sind unsichere Zeiten heutzutare!". Aber selbst Angie M. war ja in Wendezeiten Besetzerin...
Zum Dank dafür wurde ich dann Ersatzmama genannt. Die richtige Mama/Schwiegermutter rief nämlich alle zwei Stunden an, weil sie ihr erstes Osterfest ohne Kind verbrachte. Und um die Welt heile zu halten, hab ich sie zur Lichtmesse nach St. Michael geschleppt. Was wirklich schön war. Die Osterkerze ging im Schneesturm aus, die Glut vom Osterfeuer wehte ständig auf eine alte Nonne, die aber nicht wankte und nicht wich und alle standen mit Mag-Lites draußen rum, weil die Kerzen sofort wieder ausgingen.
Die Gemeinde ist ja sehr klein, ein paar Polen, ein paar alte Schlesierinnen, ein paar reuige Stasi-Leute. Während in St. Hedwig der Kardinal steppte, hat der Monsignore wieder eine gute Predigt gehalten, wie immer völlig frei. (ich erinnere mich an ein Pfingsten, als er die Story erzählte: fragt mich doch ein Kollege, ob ich wirklich noch Bock auf den Job habe und ich mußte lange nachdenken...). Der Chor bestand aus sechs ziemlich schrägen Leuten, die aber sangen wie die Engelchen und der Kantor verlor gleich am Anfang ein Brillenglas und mußte es erst wieder mühselig im Licht einer Mag-Lite reinbasteln, was alles ein bißchen verzögerte. Und es gab das volle Programm. Fünf oder sechs Lesungen, bei den Liedern jeweils alle Strophen (was die Patenkinder zu der Aussage veranlaßte, daß spätestens da die Düsseldorfer Gemeinde gemeutert hätte) und aufstehen-setzen-hinknien, zackzack, wir sind hier in Preußen. Als wir aus der Kirche schlenderten, haute der Kantor dann mal richtig in die Orgel und spielte irgendein sehr modernes Stück. Ich stellte ihn mir da oben vor, wie Dr. Fu Manchu, wenn der von der Weltherrschaft träumt.
Und sonst Kneipen, Kneipen, Kneipen. Safran, Café Jaques, Schwarzes Café, Henne, Würgeengel, Il due Forni, Scotch & Sofa. Und gekocht. Ossobuco mit Safranrisotto. Dazu Feldsalat mit Sauce Brigitte. Umpf. Dicke Augen, dicker Bauch.
Am Montag ein Osterspaziergang durch dieses komische kleine Dörfchen nördlich von Tegel. Mal so richtig durch den Matsch waten und Pferde streicheln.
KKM jeden Tag besucht, weil alle anderen im Urlaub waren. Mal war sie fit, mal sah sie aus, wie kurz vorm Sterben. Ihr Blumen gebracht und ihr die kalten Hände gewärmt. Mit 6stündiger Verzögerung nachts in Tränen ausgebrochen. Und einmal hat das Kind geschafft, sie zum Lachen zu bringen.
Und - Achtung, schneller Themenwechsel - am iPhone erfreut. Ich hätte nie gedacht, daß mich Technik so positiv überraschen kann. Alles funktioniert auf Anhieb und selbsterklärend. Ich habe ein Mal das Manual konsultieren müssen, weil ich nicht wußte, wo ich das Paßwort für den Mailaccount eingeben muß. Und selbst mit meinem Bluetooth im Auto gibt es keine Probleme. (Das SonyEricsson hat die Freisprechanlage ständig zum Absturz gebracht.) Schön. Wirklich schön.
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Deshalb. Letzter Abschnitt.
Deshalb. Letzter Abschnitt.
kittykoma - 7. Nov, 23:29
Warum?
cabman - 7. Nov, 21:33
Es ist vollbracht
Kitty und ihr Tagebuch sind wieder an die alte Adresse...
Kitty (importiert durch kittykoma) - 18. Okt, 16:03
wieder einmal bestätigt...
wieder einmal bestätigt sich, dass sport eben doch...
Huehnerschreck - 6. Apr, 10:21
Einmal im Jahr
muß sein. 2007: angebrochene Rippe im Wanderurlaub. 2008:...
kittykoma - 4. Apr, 20:44
Ich will auch einen Staubsauger...
Ich will auch einen Staubsauger mit dem die Hausarbeit...
Steffi (Gast) - 8. Mai, 06:45
Saure Eier
Bei uns gehen Saure Eier etwas anders. Mit Butter in...
Schwaka (Gast) - 17. Feb, 14:20
another feuchtgebiet...
spätpubertäre literaturwunderkinder - siehe...
kittykoma - 6. Feb, 13:43

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